Mehr Zeit für die Pflege – weniger Bürokratie für Pflegekräfte

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In Rund 660 Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten in ganz Baden-Württemberg soll in den nächsten zwei Jahren die ausufernde Pflegedokumentation drastisch vereinfacht werden. Dabei handelt es sich um ein gemeinsames Ziel zur Entbürokratisierung der Pflege der Bundesregierung sowie einem Expertengremium unter der Beteiligung der großen Pflegeverbände.

In den letzten Jahren wurde die Pflege stark verwissenschaftlicht. Auf der einen Seite ist das ein wünschenswerter Vorgang, da die Pflege dadurch immer besser wird und mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch die dadurch resultierende Bürokratie. Sicher müssen die Leistungen der Pflege dokumentiert werden, damit diese ordnungsgemäß abgerechnet werden können und eventuelle Pflegefehler frühzeitig erkannt werden. Jedoch hat sich die Dokumentationspflicht in den vergangenen Jahren zu einer lästigen Pflicht entwickelt, die kostbare Zeit in Anspruch nimmt, welche dem Patienten letzten Endes bei der eigentlichen Pflege des Menschen fehlt.

So muss inzwischen nahezu jeder Handgriff oftmals auch mehrfach dokumentiert werden. Das gilt inzwischen auch für die hauswirtschaftliche Versorgung. Es müssen Bilanzierungsformulare zur Nahrungsaufnahme sowie den Ausscheidungen geführt werden. Unabhängig von der Pflegestufe müssen alle Patienten regelmäßig „beraten“ werden, was jede gute Pflegekraft sowieso tut. Nur muss dies nun alles verschriftlicht werden.

Viele Pflegedokumentationen sind unstrittig und auch sinnvoll um den behandelnden Ärzten zuarbeiten zu können. Leider ist ein Großteil der Dokumentation in den Augen der meisten Pflegekräfte wie auch Experten völlig sinn frei, und dienen einzig und allein den jährlichen Transparenzprüfungen durch den MDK, die jede Pflegeeinrichtung über sich ergehen lassen muss.

Das bedeutet, dass die Pflegekräfte anstatt sich liebevoll und fürsorglich um den Patienten zu kümmern, mit unnötiger, zeitraubender und belastenden Dokumentationspflichten beschäftigt sind. Wohlwollende Schätzungen gehen davon aus, dass den Pflegekräften so etwa 30% der Zeit für die eigentliche Pflege fehlt. Etwas realistischere Schätzungen gehen von eher 40 – 50% aus.

Da die Rufe der Basis, also der Pflegekräfte nach Entlastung immer lauter geworden sind, musste die Politik nun etwas tun. In diesem Zug wurden nun erste Strukturen geschaffen, um die vereinfachte Pflegedokumentation in Deutschland zu erproben.

Die vereinfachte Pflegedokumentation soll nach ihrer flächendeckenden Einführung eine Zeitersparnis bezogen auf die aktuellen Dokumentationspflichten von etwa 30 bis 40% bringen. Diese Zeit soll dem Pflegepatienten zu Gute kommen. Beinahe wichtiger als die Zeitersparnis ist die Sinnhaftigkeit der Dokumentation. Pflegekräfte sollen wieder einen Sinn in Ihren Schreibarbeiten erkennen und dadurch effektiver und patientenbezogener Handeln können.

Seit dem 01.01.2015 läuft die Implementierung dieser vereinfachten Pflegedokumentation in einem Feldversuch mit ca. 660 Pflegeeinrichtungen. Es bleibt nun abzuwarten, wie sich dies entwickelt und wann es verbindlich und flächendeckend deutschlandweit eingeführt wird. Wenn dadurch mehr Zeit für die eigentliche Pflege von pflegebedürftigen Menschen bleibt, so kann die Implementierung gar nicht schnell genug gehen.