Im nachfolgendem Artikel erfahren Sie alles über Inkontinenz, Inkontinenzmaterial sowie die bestehenden Möglichkeiten zur Kostenübernahme seitens der Krankenkasse.
Pflicht zur Kostenübernahme durch die Krankenkasse
In der Rechtsprechung besteht Einigkeit darin, dass alle gesetzlichen Krankenkassen die Ausgaben für eine individuelle Inkontinenzhilfe im Rahmen der Behandlung von einer oder mehreren Erkrankungen übernehmen müssen, wenn:
- damit einer Dermatose, also einer Hauterkrankung vorgebeugt wird
- dadurch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden kann
- dadurch ein Dekubitus zweiten Grades, also eine lokale Schädigung der Haut und des darunter liegenden Gewebes als Druckgeschwür vermieden werden kann.
Nachfolgend finden Sie eine Übersichtstabelle mit den unserer Erfahrung nach besten Inkontinenzprodukten:
Frauen | Männer | Unisex | |
Für den Tag | |||
Für die Nacht |
Dekubitus-Geschwüre werden in mehrere Grade unterteilt. Der zweite Grad ist ein Teilverlust der Haut mit oberflächigen Druckschäden als Blase, als Geschwür oder als Hautabschürfung. Wenn in der ärztlichen Verordnung mindestens eine dieser drei Indikationen namentlich genannt ist, dann besteht eine zweifelsfreie Leistungspflicht der Krankenkasse. Art, Größe und Stückzahl des betreffenden Hilfsmittels sowie der voraussichtliche Versorgungszeitraum müssen ebenfalls aus der Verordnung ersichtlich sein.
Angesprochen ist in diesem Falle die häusliche Pflege durch Familienangehörige oder durch einen externen Pflegedienst. Mit den Hilfs- oder Pflegehilfsmitteln soll dem Pflegebedürftigen eine selbstständige Lebensführung ermöglicht beziehungsweise erleichtert werden. Andererseits werden durch deren Einsatz sowohl der Pflegeaufwand als auch der Pflegeablauf für das familiäre oder externe Pflegepersonal vereinfacht.
Produktgruppe 15 im GKV-Hilfsmittelverzeichnis
Die unter der Produktgruppe 15 zusammengefassten Inkontinenzhilfen sind allesamt Verbrauchsprodukte. Unterteilt ist die Produktgruppe in die beiden Anwendungsorte
- 25 – Harn- und Verdauungsorgane
- 99 – Sonstige Anwendungsorte und Zusätze
Entsprechend der Vielschichtigkeit einer Inkontinenz sind auch die Hilfs- respektive Pflegehilfsmittel ebenso vielseitig wie vielfältig. Die Produktgruppe 25 ist wie folgt aufgeteilt:
- 01 – Saugende Inkontinenzvorlagen
- 02 – Netzhosen für Inkontinenzvorlagen
- 03 – Saugende Inkontinenzhosen
- 04 – Externe Urinableiter
- 05 – Urinbeinbeutel
- 06 – Urinbettbeutel
- 07 – Urinauffangbeutel für geschlossene Systeme
- 08 – Auffangbeutel zum Dauergebrauch
- 09 – Sonstige Urinauffangbeutel
- 10 – Stuhlauffangbeutel
- 11 – Zurzeit nicht belegt
- 12 – Urinalbandagen
- 13 – Zurzeit nicht belegt
- 14 – Einmalkatheter für Intermittierender Selbstkatheterismus [ISK]
- 15 – Ballonkatheter
- 16 – Katheterverschlüsse
- 17 – Analtampons
- 18 – Bettnässer-Therapiegeräte
- 19 – Hilfsmittel für Beckenmuskulatur-Training
- 20 – Intraurethrale Inkontinenztherapiesysteme
- 21 – Intravaginale Kontinenztherapiesysteme
- 22 – Zurzeit nicht belegt
Vervollständigt wird diese Übersicht durch mehrere Dutzend einzelner Inkontinenzhilfen in unterschiedlichen Größen. Für den täglichen Gebrauch werden Einlagen, Vorlagen oder auch Netzhosen in mehrfacher Stückzahl benötigt. Inkontinenzhosen sind in drei Größen verfügbar, und bei den externen Urinableitern wird in diejenigen für Frauen, Männer und Kinder unterschieden.
Was versteht man unter einer Inkontinenz
Die Inkontinenz selbst ist keine medizinisch anerkannte Erkrankung. Das lateinische incontinentia heißt zu Deutsch in etwa Nichtverhalten, Selbstbeherrschung oder auch Unfähigkeit, etwas zurückzuhalten. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird mit Inkontinenz das Unvermögen bezeichnet, den Harn oder den Stuhl zurückhalten zu können. Eine Harninkontinenz liegt dann vor, wenn es dem Betroffenen nicht möglich ist, den Urin in der Blase zu speichern und selbst über die Entleerung zu entscheiden. Die Stuhlinkontinenz gilt analog dazu für das willkürliche und gewollte Zurückhalten des Stuhlabganges.
Das Kontinenzorgan, der umgangssprachliche Schließmuskel des Afters, sorgt für die notwendige und gewünschte Kontinenz. Das ist die Fähigkeit, Ausscheidungen für einen selbstbestimmten Zeitraum zurückzuhalten und dann den Ausscheidungsvorgang willentlich sowie kontrolliert auszulösen. Der Zusatz „In“ für Inkontinenz drückt das genaue Gegenteil dazu aus. Um die für eine Inkontinenz notwendigen medizinischen Hilfsmittel von einem Kostenträger wie Krankenkasse oder Pflegekasse zumindest teilweise bezahlt zu bekommen, muss nachgewiesen werden, dass die Inkontinenz durch eine Krankheit ausgelöst, sozusagen veranlasst wird.
Die Inkontinenzhilfe muss also, begleitend zu einer vorliegenden medizinischen Erkrankung, notwendig sein. Mit derartigen juristischen Feinheiten möchte der Betroffene nicht im Detail behelligt werden. Für ihn ist die Inkontinenz, also der Kontrollverlust über die Ausscheidungen Harn und Stuhlgang, schlimm genug und oftmals lebenseinschneidend. Ihm ist daran gelegen, sich mit medizinischen Hilfs-/Pflegehilfsmitteln den Alltag zu erleichtern.
Inkontinenzgrade nach Urinverlust
Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft mit Verbandssitz in Frankfurt am Main unterscheidet bei den einzelnen Inkontinenzgraden nach dem Urinverlust. Der wird sowohl je Attacke als auch nach der Menge innerhalb eines bestimmten Zeitraumes ermittelt.
Unterschieden wird in die Tröpfelinkontinenz sowie in die Grade I, II und III. Ein Urinverlust zwischen hundert und zweihundertfünfzig Millilitern je Attacke beziehungsweise dreihundert und siebenhundertfünfzig Millilitern Menge innerhalb von vier Stunden wird dem Inkontinenzgrad II zugerechnet. Mit diesem Inkontinenzgrad besteht der Anspruch auf Kassenleistung für eine vom Hausarzt verordnete Inkontinenzhilfe, sofern der Betroffene keiner Pflegestufe angehört.
Inkontinenz und Pflegebedürftigkeit haben, wie es genannt wird, zunächst einmal nichts miteinander zu tun. Eine Pflegebedürftigkeit liegt dann vor, wenn die normalen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens nicht mehr aus eigener Kraft möglich sind. Sie gliedern sich in die vier Bereiche:
- Körperpflege
- Ernährung
- Mobilität
- Hauswirtschaftliche Verrichtung
Je nachdem, wie zeitlich aufwändig diese Tätigkeiten sind, wird in die drei Pflegestufen für eine erhebliche, für die schwere sowie für die schwerste Pflegebedürftigkeit unterschieden. Hier gilt der jeweils täglich durchschnittliche Mindestaufwand für die
- Pflegestufe 1 von insgesamt eineinhalb Stunden
- Pflegestufe 2 von drei Stunden
- Pflegestufe 3 von fünf Stunden
Daraus ergibt sich, dass für die Inkontinenzhilfen als Verbrauchsmaterialien in erster Linie gesetzliche Krankenkassen die Kostenträger sind. Erst dann, wenn keine Leistungspflicht der Krankenkasse besteht, tritt an deren Stelle die Pflegekasse. Das GKV-Hilfsmittelverzeichnis wird jetzt durch das Pflegehilfsmittelverzeichnis der Pflegekassen ersetzt.
Verbrauchsprodukte werden von der Pflegekasse bis zur Höhe von monatlich einunddreißig Euro gegen Belegnachweis ersetzt. Das ist in der Regel bei der Zugehörigkeit zu einer der drei Pflegestufen dann der Fall, wenn dadurch die hauswirtschaftliche Versorgung im Bereich der sogenannten Grundpflege erleichtert wird. Eine Zuständigkeit der Krankenkasse ist immer bei Krankheit, bei Prävention sowie bei Rehabilitation gegeben.
Arzt, Krankenkasse, Apotheke und Sanitätshaus
Für die meistens dauerhafte Versorgung mit Hilfsmitteln für Inkontinenz haben der Betroffene beziehungsweise dessen engen Bezugspersonen insgesamt vier Ansprechpartner. Der niedergelassene Hausarzt stellt die Verordnung aus, die von der gesetzlichen Krankenkasse des Erkrankten geprüft und bewilligt wird. Die Inkontinenzhilfen werden anschließend wahlweise in einer Apotheke oder in einem Sanitätshaus gekauft. Wegen der Dauerhaftigkeit empfiehlt sich ein fester und permanenter Kontakt zwischen Handel und Endverbraucher.
Der Verkauf ist sehr beratungsintensiv und in vielen Fällen auch eine Sache von Vertrauen und Vertraulichkeit bis hin zur Diskretion. Auch zum Sachbearbeiter der Krankenkasse sollte ein regelmäßiger persönlicher Kontakt gehalten werden. Nicht alles lässt sich schriftlich, per Bescheid oder gar per Widerspruch klären. Das Gespräch vis-à-vis ist meistens sehr hilfreich und sorgt für das nötige Verständnis. Sogenannte Härte- oder Grenzfälle lassen sich erfahrungsgemäß eher in einem verständnisvollen Gespräch klären als mit Schriftsätzen per Briefpost oder E-Mail.